Ich, der große Voltaire, habe mich neulich – getrieben von einer unheilbaren Neugier und der masochistischen Hoffnung, die menschliche Vernunft möge doch noch existieren – in diese moderne Taverne des Geistes, welche man „Social Media“ nennt, begeben. Welch groteskes Spektakel!
Wer mir einst als angenehmer Debattierpartner bei einem Glas Bordeaux erschien, entpuppt sich hier als Furie oder als unartikulierter Barbare, der nichts anderes kennt als digitale Guillotinen (Blockieren, Entfolgen) und das Speien von Galle unter dem Deckmantel der Anonymität.
Ein kurzer Blick in diese Feeds, und schon offenbaren sich Abgründe der Dummheit, die ich mir in meinen kühnsten philosophischen Satiren nicht auszumalen wagte. Die Masse hat eine Stimme erhalten, doch ach! sie hat sie benutzt, um die Vernunft zu übertönen. Es scheint, als spaltet das Medium die Seele in zwei Hälften: eine sehr kleine, die noch einigermaßen amüsant zu plaudern vermag, und eine weit größere, die nur noch barbarisch ist.
Meine lieben Freunde: Écrasez l’infâme! – „Zermalmt das Niederträchtige!“ Ja, ich muss es wiederholen, denn es gilt heute mehr denn je. Zermalmt diese neue Form des Aberglaubens, diese Eitelkeit des Augenblicks und den Hass, der sich so bequem hinter dem Glanz der Technologie verbirgt.
Wagt es nicht, eure Freundschaften dieser digitalen Inquisition zu opfern. Fliehet diesen Ort!
Besser: Ihr sitzt in der Bar, trinkt einen guten Wein und diskutiert über Gott, die Welt und die Idiotie der Obrigkeit – dort, wo die Menschheit noch ein Fünkchen Vernunft und Höflichkeit bewahrt.
Denn online ist alles schnell fies, und der Abgrund der Lächerlichkeit lauert, selbst bei jenen, die ihr einst für aufgeklärt hieltet. Welch köstlicher Irrtum! Welch unerschöpflicher Stoff für meine nächsten philosophischen Briefe!
In diesem Sinne:
Werft den Computer aus dem Fenster, lest ein Buch, streitet euch von Angesicht zu Angesicht – und erinnert euch, dass die Tugend, der Verstand und die Freundschaft in der analogen Welt besser gedeihen als im digitalen Chaos.