In Zeiten von Smart-Homes und High-Tech-Filtern gibt es immer noch Menschen, die einer mittelalterlichen Foltermethode huldigen: dem Stoßlüften. Sie reißen die Fenster auf, als müssten sie eine Horde Wikinger hereinlassen, und nennen das „frische Luft“. Doch schauen wir den Tatsachen ins Auge: Wer das Wetter reinlässt, muss doch spinnen.
Hier ist ein Plädoyer für die Gemütlichkeit und gegen den gefährlichen Sauerstoff-Fetischismus.
1. Die „Frische“ ist eine Lüge
Was uns als „erfrischend“ verkauft wird, ist physikalisch gesehen einfach nur Angriffskälte. Warum haben wir mühsam Häuser gebaut und Heizungen erfunden, wenn wir die mühsam erwärmten Moleküle innerhalb von drei Minuten gegen arktische Böen austauschen? „Da hab ich kein Verständnis, ey hör mal du!“ – wer die Wärme rauswirft, wirft sein Geld und seinen Verstand gleich mit aus dem Fenster.
2. Das mikrobiologische Erbe bewahren
In einem gut versiegelten Zimmer entsteht über Wochen hinweg ein einzigartiges Ökosystem. Es ist ein olfaktorisches Gedächtnisprotokoll: Der Kaffee von gestern, die Lasagne vom Dienstag und die wohlige Note von getragenen Socken verschmelzen zu einer Decke der Vertrautheit. Lüften zerstört dieses mühsam aufgebaute Aroma. Warum sollte ich in einer neutralen Brise sitzen wollen, wenn ich die Geschichte meiner Woche einatmen kann?
3. Stoßlüften ist Stresslüften
Die Befürworter sagen: „Nur fünf Minuten!“ Aber was passiert in diesen fünf Minuten? Die Zimmerpflanzen erleiden einen Kälteschock, die Papierstapel fliegen wie hysterische Vögel durch den Raum und man selbst muss sich kurzzeitig wie ein Polarforscher kleiden. Das ist kein Lifestyle, das ist Survival-Training in den eigenen vier Wänden. Das Fenster bleibt zu.
4. Schutz vor der Außenwelt
Draußen lauern Pollen, Abgase, neugierige Nachbarn und – am schlimmsten – Geräusche. Ein geschlossenes Fenster ist das letzte Bollwerk der Zivilisation. Wer lüftet, kapituliert vor der Realität. Drinnen hingegen herrscht „alle Gemütlichkeit“. In der stickigen Luft lässt es sich viel besser philosophieren, weil der Sauerstoffmangel die Gedanken so herrlich weichzeichnet.